These Are the Days of our Lives

Aus Belgien kam eine Frage, die auf den ersten Blick vielleicht trivial scheinen mag, vielen UWC-Neulinge aber bestimmt unter den Fingernägeln brennt.

 

Kannst du einen normalen Tag von dir schildern? Wann stehst du auf, wann früstückst du? Welche Fächer hast du, ...

 

Ein normaler UWC-Wochentag beginnt für mich um 7:35 Uhr mit dem Klingeln meines Weckers. Heute Morgen riss mich der neue Klingelton meiner Mitbewohnerin schon zwanzig Minuten eher aus dem Schlaf, aber die Erfahrung lehrt mich, dass das Gehirn nach einer Gewöhnungsphase an derartige neue Geräuscht zu filtern lernt und nur noch auf den eigenen Klingelton anspringt! Eine interessante Beobachtung, wie ich finde!

 

Frühstück gibt es am College in Norwegen von 7:00Uhr bis 8:00Uhr und die "Kantina-People" wie wir Köche und Gehilfen hier nennen (Kantina ist norwegisch und heißt natürlich Kantine)sehen Schüler auch nur ungern außerhalb dieser Zeiten im Speisesaal. Meistens wird das Frühstück für mich Spätaufsteher also eine ziemlich kurze Angelegenheit - Yoghurt (eigentlich eher etwas, was Kefir näher kommt), vielleicht Müsli, und wenn man Glück hat bekommt man sogar noch etwas Orangensaft ab. Das ist aber um 7:55Uhr eher selten der Fall.

 

Der Unterricht beginnt um 8:00Uhr. Jede Stunde ist 70 Minuten lang (mit Ausnahmen wenn man Grundkurse hat, oder Leistungskurse vor der Mittagspause. Alles in allem variiert die Stundenlänge von 50 bis 80 Minuten). Das Stundenplansystem hier am College ist anders als in Deutschland und gefällt mir sogar besser. Man hat 7 Fächer, aber nur 4 Fächer am Tag. Es gibt 7 unterschiedliche Unterrichtstage, Day 1,2,3,4,5,6,7. Weil wir nur 5 Tage die Woche Unterricht haben, habe ich nicht an jedem Montag die gleichen Fächer, denn nicht jeder Montag ist Day 1, mit Englisch, Bio, TOK und Norwegisch. Diese Rotation im Wochenplan macht es unwahrscheinlicher, dass immer die selben Fächer von Ausfällen wegen Collegemeetings oder anderen Besonderheiten betroffen sind. Außerdem ist der Alltag so einfach ein bisschen abwechslungsreicher.

 

Nach der ersten Stunde haben wir von 9:10Uhr bis 9:35Uhr die sog. Knekkebrödpause (Kneckebrotpause - Frühstückspause). Viele Schüler gehen in die Kantine und essen das dort zur Verfügung gestellte Kneckebrot mit dem typisch norwegischen Brunost (Braunkäse - ein karamelliger, brauner Käse)oder Marmelade, trinken Milch, Kaffee, Wasser oder Tee. Manche verziehen sich für die 25 Minuten in die Bibliothek, die direkt unterhalb der Kantine liegt, um zu lesen, Material für die kommenden Fächer einzupacken oder noch schnell die letzten Hausaufgaben zu erledigen.

 

Es folgen zwei weitere Unterrichtsstunden mit einer kurzen Pause zwischendrin, und um 12:00Uhr (+/- 15 Minuten - das hängt vom Lehrer und davon, ob du vorher einen Leistungskurs oder einen Grundkurs hast ab)gibt es Mittagessen. In Norwegen essen eigentlich alle Schüler in der Schule, obwohl die norwegischen Schulen meistens keine Kantinen haben. Deswegen ist das Mittagessen traditionell eher kalt. Aber unsere Kantine hat sich im Lauf der Zeit an die internationalen Gewohnheiten der Schülergemeinschaft angepasst und serviert mittlerweile auch warme Speisen - meist Aufgewärmtes vom Vortag.

 

Um 12:50 Uhr beginnt die letzte Unterrichtsstunde, die bis 14:00 Uhr andauert. Das hört sich nach einem ziemlich kurzen Schultag an, nicht wahr? Nur ist es eben so, dass im Internationalen Abitur nicht nur der schulische Unterricht Teil des Programms ist, sondern auch die außerschulischen Aktivitäten zählen. Deswegen ist von 14:00Uhr bis offiziell 17:30Uhr sog. EAC-Zeit. EACs sind Extra Academic Committments, also AGs.Jeder Schüler muss in der Woche mindestens 2 und höchstens 4 EACs belegen. Sie variieren in Anspruch und Länge, dauern aber alle ca. 1-1,5 Stunden. Im Schnitt haben wir also wirklich weniger Verpflichtungen als in Deutschland. Natürlich stehen nach der Schule auch viele Hausaufgaben und andere Projekte an, die nicht als EAC zählen. Meistens nimmt das den ganzen Nachmittag in Anspruch und langweilig wird dir unter keinen Umständen!

 

Abendessen gibt es von 17:30Uhr bis 19:00Uhr und danach verschwinde ich meistens wieder in die Bibliothek zum Lesen, Recherchieren, Hausaufgabenmachen, oder einfach weil die Internetverbindung dort besonders gut ist. Auf den Zimmern ist das Netz so überlastet, dass man für ein dreiminütiges Youtubevideo ungefähr eine Stunde zum Laden braucht... ;-) In den vergangenen Tagen habe ich mich ab und zu aufraffen können und ein bisschen Sport im Trainingskeller im Rehabilitationszentrum nebenan gemacht. Die sog. TSK ist von 19:30Uhr bis 21:00Uhr geöffnet und für viele Schüler ein regelmäßig besuchter Ort. Wir sitzen hier ehrlich gesagt ein bisschen viel. Sport zu machen regt die Denkfähigkeit ja bekanntlich an. Ich sollte mir die 45 Minuten etwas häufiger gönnen.

 

Um 21:30Uhr gibt es in den Tagesräumen, vorausgesetzt sie sind sauber genug (...) den sog. Evening Snack (meist Toast mit Käse, Dienstags und Freitags aber Obst). Seine Abende gestaltet jeder Schüler selbst. Ich lerne meistens und gehe gegen Mitternacht (das wird hier "früh" genannt) ins Bett.

 

Die Freitagabende sind besonders schön, denn um 19:00Uhr ist Word Today und danach wird ein Film gezeigt. Unser Schülercafé Snikkarbua öffnet um 21:00Uhr. Am Wochenende brunchen wir von 11:00Uhr bis 13:00Uhr (für die ganz hungrigen gibt es vorher auch schon die Möglichkeit, Müsli zu bekommen)und am Samstag um 13:00Uhr trifft sich die Schülervertretung. Samstagabend findet in unserer Eventhalle "Höegh" eine kleine Party statt - d.h. es gibt Musik und viele überlastete IB-Schüler, die sich die Seele aus dem Leib hüpfen/tanzen. Anhand der Besucherzahlen dieser Party kann man ganz gut eruieren, wie die Stimmung am College gerade ist, ob große Prüfungen anstehen, ob man es lieber gemütlich bei einem Film hat, ob die meisten gegen 22:00Uhr schon schlafen... Kommt alles vor! Der Sonntag ist ruhig. Wer will, geht zum "Christian Gathering", die meisten schlafen lange. Hier muss jeder seinen eigenen Lebensrythmus finden. Es gibt genügend Schnittstellen unsere aller Alltäge, an denen man sich trifft. Manche arbeiten lieber nachts, andere lieber in den frühen Morgenstunden.

 

Es ist eine der großen Herausforderungen des Internatlebens, sich zu organisieren, Verpflichtungen nachzukommen und gleichzeitig genug Zeit zum selber einteilen zu finden.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Nils (Samstag, 15 Januar 2011 13:25)

    Danke Angelika, dass du deinen Alltag an einem UWC so super interessant und toll geschrieben mit uns teilst. Dein Blog hilft mir, meine Eltern - aber auch mich selbst - vom UWC Gedanken zu überzeugen.
    Ich habe mich für einen Platz 2011 beworben, und hoffe so sehr, dass ich genommen werde und meine Eltern mich schlussendlich doch gehen lassen!

    Super Blog, mach weiter so ;-)

    Nils

  • #2

    Kuřecí (Dienstag, 17 Juli 2012 10:53)

    Nice one info, thanks