I'd Rather Dance With You

Red Cross Nordic United World College ist nicht nur UWC, sondern auch eine IB Schule. Jetzt scheint es einen Augenblick lang so, als würde "IB" die Luft anhalten, in der Schwebe hängen, während "UWC" gemächlich seinen Weg weitergeht. Es sind Novemberferien. Ich habe mich in diesem Jahr für einen Aufenthalt auf dem Campus entschieden. Zugegeben: "IB" zu ignorieren, macht mir ein bisschen Angst und ich hoffe, während der unterrichtsfreien Phase unter anderem an meinem TOK Referat, einem Englisch Referat und einem Bio Lab report weiterarbeiten zu können. Gleichzeitig finde ich auch Zeit und Muße für gemütliche Stunden mit Freunden. Scheinbar hat sich das College temporär in ein Kino verwandelt. Ab 20:00 Uhr kann man quasi von Zimmer zu Zimmer wandern und sich dem Genuss des Hineintauchens in eine virtuelle Welt hingeben. Vorgestern wurde ein Disney-Movie-Marathon veranstaltet. Es ist lustig zu sehen, wie Disneyfilme in der ganzen Welt geschaut werden. Es hat mich fast ein bisschen überrascht, dass ich abgesehen von König der Löwen und Das Dschungelbuch keinerlei Disney - Zeichentrick Erfahrung habe... Kein "Tarzan", "Cinderella", "Die kleine Meerjungfrau", "Mulan", "Aladin" etc. Nun, ich würde nicht unbedingt sagen, dass nach Mulan 1 und Mulan 2 dieser Rückstand eingeholt wurde, aber das werde ich wohl verkraften können. Es ist interessant zu sehen, wie die Werte, die Disneyfilme vermitteln in die unterschiedlichsten Gesellschaften mit den unterschiedlichsten Wertekanones integriert werden können. Verwunderlich ist es weniger, denn die Themen, die ein Disneyfilm abhandelt sind häufig univesell, wie zum Beispiel Liebe, Familie und der Sieg von Gut über Böse. Natürlich orientieren sich verschiedene Disneyfilme auch an einer Reihe unterschiedlicher kultureller Zielgruppen.

Im Hinblick auf viele weniger universelle Werte sind wir weit entfernt von einem Konsensus. Mir persönlich wird das immer wieder während meiner Arbeit mit der World Today Gruppe klar. Vor einigen Wochen hatten wir ein World Today zu der Frage "Was ist der beste Weg in die Zukunft für West Sahara?" und anlässlich dieser recht groß angelegten Veranstaltung hatten wir Gastredner aus Marokko und aus West Sahara eingeladen. Ich kann kaum beschreiben, wie viel Zeit und Nerven es gekostet hat, das zu organisieren. Das größte Problem stellten die Marokkaner dar, die sich offenbar viel zu spät um ihre Visa gekümmert hatten und deswegen nicht kommen konnten (was uns ungefähr 24 Stunden vor dem eigentlichen Event endgültig mitgeteilt wurde). Wie leitet man ein Diskussionsforum, dass so gerne neutral sein möchte und ausgeglichene Diskussion fördern will, wenn nur eine Partei in einem Konflikt vertreten ist? In diesen Tagen standen mir häufig die Haare zu Berge. Es hat mich wütend und traurig gemacht, so deutlich zu sehen, dass wir hier in unserer Seifenblase leben, die zwangsläufig im Mai zerplatzt und uns unsanft auf den Boden der Tatsachen hinsichtlich Diplomatie und Völkerverständigung bringt.  Es hat mir aber auch gezeigt, dass wir bei den Kindern anfangen müssen, sie an einen Abendbrotstisch setzten müssen, wenn wir wollen, dass sie die wahre Absicht entwickeln, sich mit Konflikten auseinander zu setzen.

Zum Schluss hatten wir dennoch eine recht gute World Today Sitzung, während der wir das erste Mal in der RCN Geschichte (soweit ich weiß) einen Gastredner per Skype zugeschlaltet hatten. Inhaltlich verloren sich besonders die Gäste aus West Sahara  immer wieder in Diskussionen über "die Wahrheit" und kamen ganz unerhört stark von Thema ab, aber auch das zeigte uns Schülern deutlich, was Konfliktlösung erschwert: Der Fokus auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0