Here I am

Ich hab es geschafft! Es ist kurz vor Mitternacht und ich sitze tatsächlich in meinem neuen Schlafzimmer am Schreibtisch und schicke euch diesen ersten echten norwegischen Gruß nach Deutschland.

Bevor ich hier ankam mussten allerdings noch einige Dinge geschehen, von denen ich euch jetzt berichten will:

 

Am Freitagabend habe ich mich mit einem wirklich sehr schönen Sommerfest Abschied von vielen Freunden genommen. Überraschenderweise war meine Tante mit ihren Söhnen nachmittags extra aus Eschborn angereist und das Zelt, das wir am Tag zuvor in unserem Garten aufgebaut hatten, füllte sich rasch mit Freunden, die ich vor der Abreise am nächsten Morgen noch einmal sehen wollte. Nochmal ein riesiges Dankeschön, dass so viele gekommen sind!!

Kuchen und Tee gab es reichlich, und gepaart mit sehr vielen netten Gesprächen gab das einen angenehmen nachmittaglichen Abschiedscoctail. Im Laufe des Abends trafen dann Klassenkameraden und andere Freunde ein, es wurde gegrillt und zu später Stunde am Lagerfeuer gesessen. Ein überraschendes Balkonkonzert (Sax und Klavier) versüßte den Abend, und schließlich bekam ich ein wunderschönes Abschiedsbuch überreicht. Es fiel mir nicht leicht, mich von so vielen liebgewonnenden Menschen zu verabschieden.

Zu nächtlicher Stunde, als alle gegangen waren, begannen bereits die Aufräumarbeiten, denn schließlich wollten meine Eltern und ich morgens schon um 9 Uhr nach Kiel aufbrechen.

 

Das taten wir dann nach einem letzen Frühstück zu sechst auch wirklich. Um 14 Uhr mussten wir in jedem Fall die Fähre dort erreichen. Dummerweise mussten wir einen Stau umfahren und gelangten dennoch in zähfließenden Verkehr, verloren also gut eine Stunde. Trotzdem lief am Ende alles glatt, denn wir hatten genug Pufferzeit eingeplant. Das Schiff, das mich im Hafen erwartete war umwerfend. Es hat 15 Decks und das Äußere ließ bereits das luxuriöse Innenleben erahnen. Das erkundeten wir dann während der folgenden Stunden auch ausführlich. Sonnenbaden, eine abendliche Musicalshow, riesen Abend- und Frühstückbuffets... Es war ein wunderbar sanfter Übergang von Familienleben zu Eigenständigkeit.

Auch der folgende Tag in Oslo hat mir sehr gut gefallen. Um die Zeit zwischen Verlassen des Schiffes und Beziehen des Hotelzimmers zu überbrücken, besuchten wir das neue Opernhaus, dessen Dach man bewandern kann. Ich habe Fotos online gestellt. Es soll an einen Eisberg erinnern. Damit ich am nächsten Morgen weniger Gepäck zu tragen habe und auch weil wir die Wertsachen nicht einfach im Hotel lassen wollten, gingen wir zum Bahnhof, um meinen Rucksack dort einzuschließen. Dummerweise ist das Schließfachsystem nicht selbsterklärend. Man muss bezahlen, bekommt von einem Automaten ein Schließfach und einen Code zugewisen, das freie Schließfach öffnet sich, man stellt das Gepäckstück hinein, schließt es endgültig und kann es nur mit dem Code wieder öffnen.

Seltsamerweise war ein Schließfach offen, bevor wir bezahlten. Wir stellten meinen Rucksack hinein, schlossen es und hatten nun keinen Code um es wieder heraus zu bekommen.

Was nun? Weit und breit war niemand in Sicht, der uns hätte helfen können. Mutti trieb schließlich einen sachkundigen Polizisten auf, aber zeitweise dachten wir wirklich daran, auf dem Bahnhof das Schließfach zu bewachen. Immerhin hätte es jemand mit dem richtigen Code absichtlich offen stehen lassen können um sich schließlich am Inhalt gütlich zu tun. Aber am Ende konnten wir meinen Rucksack befreien...

Kurz vor dem Abendessen beschlossen wir dann, noch eine kleine Hafenrundfahrt zu machen. Müde fiel ich schließlich verhältnismäßig früh ins Bett.

 

Heute Morgen fuhr mein Zug um kurz nach acht. Als wir am Abend zuvor ein Ticket kaufen wollten, war der Zug ausgebucht aber es gab keine wirkliche Alternative. Schlussendlich fand sich noch ein Platz in der "ersten Klasse", die man aber nicht wirklich mit der deutschen ersten Klasse vergleichen kann. Für einen Aufpreis konnte ich also noch mitfahren!

Der Abschied von meinen Eltern war nicht leicht, aber ich war so voller Vorfreude auf das Kommende, dass ich es gut verkraftete. Die siebenstündige Fahrt von Oslo nach Bergen verging wie im Flug, denn ich hatte einen sehr netten Sitznachbar aus dem UK. Wir haben uns fast pausenlos unterhalten und ich fand es sehr leicht, Englisch  zu sprechen. Er half mir dann in Bergen auch mit meinem Gepäck. Bis ich dann die Leute fand, die mich einsammeln sollten, dauerte es noch ein bisschen, aber gegen drei Uhr nachmittags waren alle Neulinge von Flughafen und Bahnhof aufgesammelt, und wir fuhren zu 51st Richtung Flekke. Es war sehr lustig, denn alle sind extrem nett und sehr offen und die Sprache stellt bisher keine wirkliche Barriere dar. Ich habe mich sehr gut mit einer Amerikanerin verstanden, und tollerweise ist sie auch meine Roommate geworden. Was für ein Glück!

Die Straße nach Flekke führte uns immer tiefer hinein in die norwegische Fjordlandschaft, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Überzeugt euch schon bald von der skandinavischen Schönheit anhand der Bilder, die sicherlich bald kommen. In Flekke angekommen, wurden wir stürmisch von einer Horde aufgekratzter 2ndyears begrüßt, die uns mit Schildern entgegen gerannt kamen. Jeder suchte seine Zimmerpartner und es war extrem lustig, denn wir wurden quasi aus dem Bus gehoben. Viele meiner Coyears hatten ja unzählige Stunden Flug hinter sich. Einige haben sogar auf dem Flughafen übernachten müssen, und die vielen gut gelaunten und hellwachen 2ndyears waren eine Bombe, die uns alle wach machte. Es war toll!

Ich habe großes Glück mit meinen Roommates. Die drei 2ndyears kommen aus Senegal, Indien und Schweden und sind sehr sehr nett. Nachdem Tory, die Amerikanerin, und ich uns eingerichtet hatten, haben sie uns das Studentvillage gezeigt und ich kann sagen, dass mein Zimmer wirklich genau das Richtige für mich ist. Ich hätte mich über längere Zeit bestimmt nicht wohl in einem chaotischen und sehr fremdartig ausgestatteten Zimmer wohlgefühlt. Aber hier habe ich einen riesigen Schreibtisch und viel Platz. Alles ist schön aufgeräumt (noch) und die Mädchen scheinen sich gut zu organisieren. Meine Roommate aus Afrika spricht fließend Französisch. Das heißt, dass ich immerhin ein bisschen meine Sprachkenntnisse aufrecht erhalten kann. Sie ist Muslima und betet 5 Mal am Tag, was ich spannend finde. Julia aus Schweden ist extrem sympatisch. Sie scheint auch collegeintern sehr beliebt zu sein, ist ruhig und sehr zugänglich.

Heute, es ist mittlerweile nach Mitternacht, haben zwei Schüler Gebutstag. Sie wurden gerade in den eisigen Fjord geworfen :D  Ich bin jetzt aber so müde, dass ich sofort ins Bett gehen werde. Es werden noch viele Geburtstage kommen und niemand wird mich auf der Feier vermist haben ;)

Morgen stehen viele offizielle Sachen auf dem Programm und ich muss schon früh aufstehen.

Liebsten Gruß - Angelika

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